Zwischen Kohlköpfen und Feuerlilien

Eine Hommage auf einen großen Botaniker:


Haaks Gartenlaube, um 1960, 60,5×48,5 cm, Öl auf Leinwand, Besitz Schlossmuseum Jever (WV-Nr. 743)

Arthur Eden verband eine große Freundschaft mit dem Gärtner und Botaniker Hans Haak aus Jever, der im P.-W.-Janssen-Weg ansässig war. Haak hatte eine große Gärtnerei und ein schön angelegtes Gartengrundstück mit Laube und Staudenbeeten. Der Garten übte nicht nur auf Arthur Eden eine große Anziehungskraft aus, und so entstanden über Jahre viele Gemälde, die das Haaksche Wohnhaus, die Gartenlaube und den Weg mit den Rosenbüschen zeigen. Einmal im Jahr traf man sich nachmittags zum Kaffee und Kuchen, wenn Eden einen extra von Hans Haak zusammengestellten Blumenstrauß malte.

Hans Haaks Nichte Monika Fette schrieb Ihre Erinnerungen an die Gärtnerei und die Familie des Onkels im „Historienkalender auf das Jahr 2012“ nieder:


Haaks Haus, 1960, 66×51 cm, Öl auf Holz, Besitz Schlossmuseum Jever (WV-Nr. 744)
Was gibt es alles für einen jungen naturliebenden Menschen zu entdecken. Da ist es verständlich, dass mancher Schulbesuch versäumt wird, weil das Moorland und der Wald locken. So erging es wohl auch Hans Haak, der aus diesem Interesse seinen späteren Beruf, eine Berufung, machte. Ein Botaniker durch und durch, dessen Kinderzeit im elterlichen Gartenbaubetrieb bereits mit viel Natur zu tun hatte, was jedoch mit dem Gemüseanbau für die Versorgung der Jeverschen Bürger zusammenhing. Das Haak-Haus, im heutigen P. W. -Janssen-Weg, der zu der damaligen Zeit, wie das gesamte Umfeld, Südergast genannt wurde, ist im Jahre 1857 gebaut. Man kann auf Grund des großen Grundstückes davon ausgehen, dass man hier schon seinerzeit gärtnerisch tätig war. Unter dem Dach des Gebäudes befindet sich ein quadratisches Wohnhaus und eine mittelgroße Scheune. Bereits der Vater als auch der Großvater pflegten mit viel Liebe zum Detail ihren Blumengarten mit dem herrlichen Gartenhaus, welches im Leben der Familie stets einbezogen wurde. Der junge Hans Haak, der im März 1902 geboren wurde, und sein Bruder Hugo lernten früh, dass es Verpflichtungen gab, wovon die Schwestern Hanna und Carla ausgenommen waren, denn sie wurden, wie es in der damaligen Zeit hieß, als Haustochter herangezogen. Die Jungen mussten dagegen selbstverständlich auf den Gemüsefeldern mithelfen. Entlang der Anton-Günther-Straße und der Fläche der heutigen Siedlung ,,Haaks Garten“ reichten die Felder weit bis ins Moorland hinein. […]

Die „Wandervögel“ vor Haaks Laube, Hein Bredendiek (3.v.l) hinter Clara Haak, 1920er
Aus diesem arbeitsreichen Alltag stahl sich der junge Hans, dessen Eltern auf gute Schulbildung ihrer vier Kinder bestanden, manches Mal sehr zum Verdruss des Vaters, schon morgens in aller Herrgottsfrühe hinaus ins Moorland. Jeder Graben, in dem die Enten ihre Nester gebaut hatten, jede Brutstelle der Kiebitze, wovon es damals noch viele dort gab, und die zahlreichen Lerchen, die trillernd ihre waghalsigen Kunststücke im frühen Morgengrauen vollbrachten, wurden in vielen Heften aufgezeichnet. Auch die Rehe und Hasen faszinierten den jungen Mann. Dort geschützt zwischen dem hohen Reitgras am Graben zu sitzen, ließ ihn den Schulunterrichtsbeginn zeitweise vergessen. Bei den Lehrern des Gymnasiums wurde dieses Zuspätkommen dann aber nicht toleriert. Jugendliche Schöngeister fanden auch damals immer Anlasse zu gemeinsamen Unternehmungen. Das beschreibt anschaulich Hein Bredendiek in seinem Buch ,,Summa Summarum“ auf der Seite 18. Dieser wohnte damals in der Anton-Günther-Straße, also in der Nachbarschaft und war dem Hause Haak alle Zeit ein lieber Gast. Jedoch die jungen ungestümen Jahre wurden geprägt vom Verdienen des Taschengeldes auf Haaks Ackern und dem Treffen, was stets im besagten Gartenhaus stattfand. Hier kamen die Gartner mit Vater Carl Haak zu ihrem ,,Piepenclub“ in ernsten Gesprächen zusammen, während das Jungvolk der 1920er-Jahre, die ,,Wandervögel“, mit ihrer Klampfe singend alle Probleme der Welt beiseiteschoben. Schöngeister waren sie, der Ernst Stöbe, später Dr. und Oberstudienrat des Gymnasiums, Robert Hübner, der im Zweiten Weltkrieg gefallen

Arthur Eden malt in Haaks Garten Feuerlilien, 1966
ist, Hein und Otto Bredendiek und natürlich Hans und Hugo Haak, der später als Uhrmachermeister mancher Uhr in Jever wieder einen Lebensgeist einhauchte, als Goldschmied Eheringe anfertigte, sowie vielen Mädchen Löcher in die Ohren stechen musste, damit sie stolz mit neuem Ohrschmuck durchs Leben gehen konnten. […] Hans Haak hatte ein Auge auf die junge Martha Post geworfen, die in Addernhausen wohnte und die er bei seinen vielen Ausflügen durchs Moorland und in den Upjeverschen Wald zu Gesicht bekommen hatte. Auf Kärtchen, die er mit fantasievollen Texten beschriftete, bat er um ein Rendezvous, Treffpunkt ,,Waldschlösschen“, und legte damit den Grundstein für ein gemeinsames Leben — aber bis es soweit war, vergingen noch etliche Jahre. In dem Alter, in dem der ,,Ernst des Lebens“ beginnt, schickte Vater Carl Haak seinen Filius in eine ,,anständige“ Gartenbaulehre in das bei Hamburg gelegene Gebiet Vierlanden, wo es heute sehr große, inzwischen schon fabrikähnliche Gartenbaubetriebe gibt. Martha Post jedoch schickte sich in das Los des Wartens und lernte in verschiedensten Haushalten die Tätigkeiten, die eine junge Frau im späteren Leben beherrschen musste. So wurden einstweilen viele Briefe von hier nach

Feuerlilien, 1966, 42,5×54 cm, Öl auf Leinwand, Besitz Schlossmuseum Jever (WV-Nr. 745)
dort verschickt — Briefe, die immer aufbewahrt wurden und die, voller Poesie, eine sehr tiefe Verbundenheit und ein unbedingtes Vertrauen ausdrücken. So schrieb Hans Haak 1927: ,,Heute habe ich Tomaten, oder besser gesagt Liebesäpfel aufgebunden und war in Gedanken im Wald, wo ich einst ein Röslein fand. Rate einmal, wer das wohl war … Die Schwalben auf dem Leitungsdraht vor meinem Fenster schwatzten heute besonders viel. Was sie sich wohl erzählen?“ Erst 1931 verlobte sich das Paar und es sollten noch weitere vier Jahre vergehen, bis 1935 die Hochzeitsglocken läuteten. Martha Haak, geborene Post zog in das Haaksche Haus zu Mutter Haak ein, in dem auch die Schwestern Hanna und Carla zeitlebens eine Bleibe hatten; der Vater Carl Haak war bereits 1933 verstorben. Hans Haak hatte sich inzwischen ein fundiertes Wissen im Gartenbau angeeignet, wobei das Veredeln und Züchten besonderer Pflanzen seine große Leidenschaft wurden. Er experimentierte dabei mit allen möglichen Obstbäumen und Ziergehölzen. In Erinnerung geblieben sind die von Hans Haak veredelten Williams-Christ-Birnen, deren köstliche Früchte an der Südseite des Hauses als Spalierobst reiften. Beim Hineinbeißen gab es fast eine Maulsperre und der süße Saft lief einem übers Kinn.

Er interessierte sich nicht nur für die Natur, sondern beschäftigte sich auch mit der Geschichte. Alles was lesbar war, wurde von ihm förmlich verschlungen. Neben den obligatorischen Fachbüchern gehörten die Werke von Löns zu seiner bevorzugten Lektüre. So war es wohl nicht verwunderlich, dass er in späteren Jahren, ohne dass er selbst davon wusste, manchmal als der zweite Hermann Löns bezeichnet wurde. Hans Haaks Studierzimmer und ,,Refugium“ war das Gartenhaus, wo allerlei Geheimnisse ruhten und er nicht gestört werden wollte. Die Ehe von Hans und Martha Haak

Rosengarten am P.-W.-Janssen-Weg im Juni, 1950er, 62×50 cm, Öl auf Leinwand, Besitz Schlossmuseum Jever (WV-Nr. 749)
blieb leider kinderlos. Jedoch waren Kinder, die klug, neugierig auf alles und begeisterungsfähig waren, gerne bei dem Paar gesehen. Hans Haak gab an sie sein Wissen gerne weiter. Daneben trafen sich im Haak-Haus viele der alten Freunde, die der Krieg verschont hatte, aber auch neue Freundschaften bildeten sich hier zum anregenden Gedankenaustausch. Gastfreundschaft wurde im Hause Haak immer großgeschrieben und dank Marthas ausgezeichneter Kochkünste war es nicht verwunderlich, dass zufällig gerade zur Mittagszeit schon mal ein hungriger Pastor, genauso selbstverständlich am Tisch Platz nahm wie ,,Tant‘ Doktor“ oder der barfüßige Fritz Levy. Alle hatten etwas Interessantes zu berichten und für alle hatte Hans Haak offene Ohren. Nach dem Zweiten Weltkrieg, der nicht nur im Hause Haak vieles veränderte, widmete er sich noch mehr seinem Hobby, nämlich der Botanik. Aus dem Gemüsegarten wurde ein Staudengarten mit verschiedensten Ziergehölzen, viele Arten von Gräsern und blühenden Stauden wurden angepflanzt. Irgendetwas blühte ständig in Haaks Garten und lockte manchen Fotografen und Maler an. So malte hier der bekannte Kunstmaler Arthur Eden-Sillenstede etliche Bilder in herrlichen Farben — nicht nur zur Freude der Familie Haak. Drei dieser schönen Bilder schenkten die Haak-Erben 1979 dem Schlossmuseum in Jever. Die Gemälde sind dort im Magazin eingelagert, werden jedoch bei besonderen Eden-Ausstellungen wieder dem Publikum zugänglich gemacht. Unzählige Ziergärten in Jever
Hans Haak (1902 – 1973)
und Umgebung wurden von Hans Haak angelegt. Auf den handgeschriebenen Rechnungen verzeichnete Haak nicht nur den gebräuchlichen deutschen, sondern auch den lateinischen Namen, so wie das Herkunftsland jeder Pflanze. Gelegentlich fügte er auch Ratschläge für die weitere Pflege der Pflanzen hinzu — immer darauf bedacht, dass es ihnen gut gehen möge. Immer wieder zog ihn der Jeversche Schlossgarten an, wobei er auch zur Pflege der alten Bäume gerne mit Rat und Tat zur Seite stand. Dies wurde später an seinem ersten Todestag mit viel Lob im Jeverschen Wochenblatt erwähnt. Viele Seerosen, die lange Jahre in der Schlossgraft die Menschen erfreuen, sind von ihm dort eingesetzt worden. Sein stilles Wesen, Wissen und Können als Botaniker fand Anerkennung weit über Jevers Grenzen hinaus. So hinterließ er wohl eine große Lücke, als er ganz plötzlich nach kurzer Krankheit im Juli 1973 starb. Der Zeitungsnachruf würdigte Hans Haak in wohlgesetzten Worten. Seine Witwe Martha versuchte so gut es ging, die inzwischen kleine Blumenpracht zu erhalten. Ihre Blumensträuße, die stets ein beachtliches Ausmaß besaßen und an Leuchtkraft und Vielfältigkeit kaum zu übertreffen waren, sind, wie der Autorin kürzlich ein Zeitzeuge sagte, „eine Sensation“ gewesen. Fünf Jahre überlebte sie ihren Ehemann, der stets ihr Leben geführt und geprägt hatte. Ohne ihn musste sie nun mit allen Sorgen und Nöten des täglichen Lebens allein fertig werden, bekam dieses jedoch nur schwerlich in den Griff. So endete die Idylle Haak. Außer vielen Fotos und Briefen, die Martha Haak liebevoll in den „Felix-Brasil“-Zigarrenkästen aufbewahrte, die einst die von Hans Haak bevorzugten Zigarren beherbergten, blieben immerhin der Straßenname „Haak‘s Garten“ und das alte Haak-Haus.

Quellenangabe: Fette, Monika (2011): „Zwischen Kohlköpfen und Feuerlilien“. In: „Der Historienkalender auf das Jahr 2011“, Brune-Mettcker Verlag, Jever.