In der Serie „Gestern und heute“ stellen wir die heutigen Ansichten von Arthur Edens Motiven nach.
Eden verstand sich als malender Chronist besonders darauf, angekündigte bauliche Veränderungen ganz gezielt mit Pinsel und Farbe für die Nachwelt auf der Leinwand festzuhalten. Dabei spielte es für ihn keinen großen Unterschied, ob es sich dabei um dem Abriss eines verfallenen Bauernhauses oder gar den kompletten Umbau eines Hafens handelte.
1. Das Strandhotel in Horumersiel, gemalt 1962:
Hinter dem ehemaligen Deich in Horumersiel, unweit der Brücke über das „Horumer Tief“, steht noch heute das Haus des Kapitäns Cassens. Ursprünglich 1825 wiederaufgebaut, entwickelte sich das Gebäude ab 1883 zu einem vielseitigen Gasthaus mit Handel und Hotelbetrieb. Das Strandhotel, der älteste gastronomische Betrieb des Ortes, wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts um ein weiteres Stockwerk sowie eine Veranda erweitert und prägte fortan das Ortsbild.
Eine dunkle Episode in der Geschichte des Hotels sind die wiederholten Besuche Adolf Hitlers in den 1930er Jahren. 1932 traf er hier erstmals die berühmte Filmregisseurin und Produzentin Leni Riefenstahl zu einer Besprechung. Das sogenannte „Hitlerzimmer“ im Dachausbau – oben rechts mit Blick auf den Hafen – zog bis zum Kriegsende zahlreiche Besucher an, die Erinnerungsstücke und Fotos der Besuche bewunderten. Dieses Zimmer existiert heute nicht mehr.
Erst nach dem Abtragen des alten Deiches wurde von dieser Perspektive aus das Erdgeschoss des Hotels sichtbar. Im Vergleich zu einem Foto aus dem Jahr 2013 hat sich das Strandhotel durch eine weitere Umgestaltung im Jahr 2017 nochmals verändert, wobei sein historischer Charakter bewahrt blieb.
2. Der alte Hafen in Horumersiel, gemalt 1962:
Vom einst idyllischen alten Hafen in Horumersiel ist heute kaum noch etwas zu erkennen.
Ab 1963 wurde der Ort im Zuge des Baus eines neuen Seedeichs umfassend umgestaltet, sodass es heute selbst Ortskundigen schwerfallen dürfte, genau die Stelle zu finden, an der Arthur Eden 1962 seine Staffelei aufstellte. Im Rahmen der Deicharbeiten wurde das Hafenbecken zugeschüttet und dahinter neues Land gewonnen. Nach Abschluss der Maßnahmen übernahm das neu angelegte Wangersiel die Entwässerung des Gebietes über das alte Horumer Siel.
Auf Edens Gemälde ist hinten links noch der Motorbootschuppen der DLRG zu erkennen – ein letzter Hinweis auf die maritime Vergangenheit des Ortes. Dort, wo einst Schiffe lagen und das Leben am Hafen pulsierte, befindet sich heute links des „Horumer Tiefs“ ein großer Parkplatz. Die Deichbaumaßnahmen haben die Landschaft grundlegend verändert und das traditionelle Bild des alten Hafens unwiederbringlich verschwinden lassen. Dennoch bleibt die Erinnerung an den Hafen als lebendigen Mittelpunkt der Gemeinde im kollektiven Gedächtnis der Bewohner lebendig. Heute prägen vor allem Naturschutzgebiete und neue Freizeitangebote das Gebiet rund um das „Horumer Tief“.
3. Das Portal der Burg Kniphausen, gemalt um 1968:
Am südlichen Ortsrand von Fedderwarden liegt das Gelände der Burg Kniphausen. Sie wurde im Jahr 1438 erbaut: Erster Bewohner war der ostfriesische Häuptling Lübbo Onneken. Im Laufe der Jahrhunderte erlebte die Anlage zahlreiche bauliche Erweiterungen, Zerstörungen und Wiederaufbauten. Von der ursprünglichen Befestigung sind heute noch der leicht erhöhte Burgplatz, Teile des inneren Wassergrabens sowie der äußere Graben erhalten geblieben – stille Zeugnisse einer bewegten Vergangenheit.
Arthur Eden fand in der Burg und ihrer Umgebung über Jahrzehnte hinweg lohnende Motive. Besonders in den 1950er und 1960er Jahren hielt er das Burggelände mehrfach in Öl- und Temperamalerei fest. In seinen Werken erscheinen die von hohen Bäumen gesäumte Allee, das Torhaus und der verwilderte Innenhof – stets durchdrungen von einem Hauch vergangener Größe. Zu dieser Zeit war die Burg bereits deutlich vom Verfall gezeichnet.
Ein Wendepunkt kam im Jahr 1977, als die Anlage an den „Verein zur Erhaltung der Burg Kniphausen e.V.“ verkauft wurde. Der Verein widmete sich vorrangig der Sanierung des Torhauses – jenes Gebäudes, das auch auf mehreren von Edens Gemälden im Mittelpunkt steht. In den Jahren danach wechselte die Burg erneut den Besitzer und befindet sich seit 1989 in Privatbesitz.
Die von Eden festgehaltenen Ansichten dokumentieren nicht nur den baulichen Zustand der Burg zu seiner Zeit, sondern bewahren zugleich ein Stück regionaler Erinnerungskultur – in Bildern, die die Geschichte nicht verklären, sondern greifbar machen.
4. Die Goldene Linie bei Carolinensiel, gemalt 1946:
Wo sich heute der Küstenort Carolinensiel erstreckt, lag bis ins 18. Jahrhundert hinein nichts als Meer. Die weite Harlebucht reichte damals beinahe bis an die Orte Tettens und Middoge heran. Erst ab dem Jahr 1545 wurde die Bucht in mehreren Schritten eingedeicht – ein Jahrhundertprojekt, das über Generationen hinweg die Landschaft Ostfrieslands prägte.
Um Streitigkeiten über die Nutzung des neu gewonnenen Marschlandes sowie dessen Entwässerung zu vermeiden, unterzeichneten Fürstin Christine Charlotte von Ostfriesland und Graf Anton Günther von Oldenburg im Jahr 1666 einen Grenzvertrag. Zur genauen Festlegung der Grenze beauftragten beide Seiten jeweils einen Ingenieur. Zwischen zwei definierten Punkten auf der Karte zogen diese eine schnurgerade Linie – angeblich mit goldener Tinte. Diese Grenzlinie, ein Symbol für Einigung und technische Präzision, wird bis heute „Goldene Linie“ genannt und ist auf modernen Landkarten sowie auf Straßenschildern noch immer namentlich verzeichnet.
Östlich von Carolinensiel verläuft die Goldene Linie entlang einer früheren Eisenbahntrasse – genau an jener Stelle, an der sich einst eine Eisenbahnbrücke befand. Arthur Eden hielt diesen Ort im Jahr 1946 in einem Temperagemälde fest. Auf seiner Darstellung ist rechts das Haus Higgen zu erkennen, das in den 1960er Jahren verkauft und später baulich verändert wurde. Die Szene zeigt eine ruhige ländliche Umgebung, deren historische Tiefenschichten Eden mit malerischer Zurückhaltung sichtbar macht.
Wie so oft gelingt es ihm, einen Ort im Übergang zu dokumentieren – zwischen der Erinnerung an historische Entwicklungen und dem sich wandelnden Landschaftsbild der Nachkriegszeit.
5. Der Deepsdammer Weg in Sillenstede, gemalt um 1965:
Besonders in den Jahren nach 1963 fand Arthur Eden zahlreiche Motive im Deepsdammer Weg in Sillenstede. Nachdem er seinen Malerbetrieb in Jever aufgegeben hatte, zog er zurück in das elterliche Wohnhaus in Sillenstede. Dort richtete er sich nicht nur ein Atelier, sondern auch eine kleine Galerie ein. Die unmittelbare Umgebung des Dorfes wurde so zu einem vertrauten Schauplatz seines künstlerischen Schaffens – und zugleich zu einer Quelle der Inspiration.
Der Deepsdammer Weg führt vom Ortskern Sillenstede in Richtung Moorhausen. Während zu Edens Zeit westlich der Nadorster Straße noch Weideflächen dominierten, sind in den 1990er Jahren mit dem Lawayweg und der Johann-Gerriets-Straße neue Wohngebiete entstanden. Der Blickwinkel des Malers liegt jedoch hinter diesen jüngeren Erschließungen – am Übergang von der bebauten Fläche zu den offenen Feldern. Heute existiert noch der alte Schotterweg, der sich nach dem Ende der asphaltierten Straße fortsetzt – eine Verbindung zwischen Dorf und Landschaft.
Zwei Landarbeiterhäuser auf der rechten Seite des Bildes sind bis heute erhalten geblieben. Zwar sind die Bäume, die Eden damals in mittlerer Höhe festhielt, inzwischen deutlich gewachsen, doch die Grundstruktur der Szene ist noch immer nachvollziehbar. Wie so oft gelingt es dem Künstler, mit seinem Werk einen Moment des Übergangs einzufangen – zwischen bäuerlicher Vergangenheit und beginnender Veränderung.
6. Am Wall – Ecke Steinstraße in Jever, gemalt 1939:
Die markante Gabelung zwischen Steinstraße, Am Wall und Wangerstraße hat Arthur Eden mehrfach inspiriert. Kaum ein anderer Ort verkörpert so eindrücklich das Spannungsfeld zwischen historischer Bausubstanz und dem stetigen Wandel des Stadtbildes.
In seinem 1939 entstandenen Gemälde „Idyllischer Winkel an der Ecke Steinstraße“ hält Eden die Szene im warmen Licht eines Sommertages fest. Die weichen Strahlen der Nachmittagssonne lassen die Häuser in beinahe greifbarer Wärme erscheinen und verleihen dem Bild eine stille Nostalgie. Der Blick des Betrachters führt bis zu den Grünflächen an der Fräulein-Marien-Straße – ein Moment der Weite und Ruhe, der dem Bild eine besondere Offenheit schenkt.
Rechts im Bild erkennt man das rot geklinkerte Haus Steinstraße 17, besser bekannt als „Haus Schwerin“. Es wurde 1982 im Zuge der Altstadtsanierung abgerissen. Auffällig war seine ungewöhnliche Dachform, die nach dem Abriss eines Nebengebäudes durch den Anbau eines zweiten Giebels entstand: Neben dem ursprünglichen schmalen Giebel trat ein neuer, breiterer hinzu. Obwohl der Wunsch bestand, das charakteristische Erscheinungsbild zu bewahren, fiel das Gebäude letztlich der Sanierung zum Opfer.
Auf der linken Seite des Bildes ist der Giebel des noch erhaltenen Hauses Krei zu sehen – mitsamt der Gartenmauer und der kleinen Eingangstür, die später entfernt wurde. Heute befindet sich angrenzend eine Garage.
Zentral im Bild liegt das „Haus Fürlus“, das später baulich erweitert wurde. Direkt rechts davon schließt sich das „Haus Onken“ an, erkennbar an den rot gestrichenen Garagen.
7. Steinstraße in Jever, gemalt 1968:
Die Steinstraße war eine der ersten gepflasterten Straßen der Stadt. Ihre große Bedeutung verlor sie jedoch in der Festungszeit, als der Verkehr zur St.-Annen-Straße verlagert wurde. Das Straßenbild veränderte sich in den 1970er und 1980er Jahren erheblich aufgrund der Altstadtsanierung.
Für Arthur Eden war die Steinstraße ein wiederkehrendes Thema in seiner Kunst. Seine Werke dokumentieren eindrucksvoll die Veränderungen dieser alten Straße, die einst zu den wichtigsten Jevers zählte. Ob als verfallene Häuserzeile oder als geschäftige Verbindung zwischen Markt und Wallanlagen – Edens Gemälde zeigen die Steinstraße in all ihren Facetten. Besonders hervorzuheben ist seine Fähigkeit, sowohl die historische Bedeutung als auch die Vergänglichkeit des städtischen Raums einzufangen, der im Zuge der Sanierung vielerorts verschwunden ist.
Im Jahr 1968 entstand ein spätes Gemälde mit Blick in westlicher Richtung. Der Maler positionierte sich weit in der Straße, sodass die Einmündung der Apothekerstraße links ins Bild rückt. Besonders auffällig ist die Mauer des Apothekergartens, die heute noch erhalten ist.
Eden wählte für seine Darstellung ein Querformat. Die Szene vermittelt eine herbstliche Stimmung – das Laub zeigt bräunliche Töne, Wasserpfützen deuten auf einen kürzlichen Regenschauer hin. Die Häuser auf der rechten Seite wirken verwahrlost: grün bewachsene Flächen, Moosansammlungen und abblätternder Putz sprechen für den beginnenden Verfall. Das Bild entstand im Kontext der bereits angekündigten Altstadtsanierung – Edens Beitrag zur Erinnerung an ein verschwindendes Stadtbild.
Die bunt angestrichenen Häuser von Oskar Fürlus auf der rechten Bildseite waren schon Jahre lang unbewohnt und verfallen. Obwohl der Abriss bereits fest eingeplant war, blieben die Häuser aufgrund bestimmter Umstände noch einige Jahre erhalten.
8. Die Straßenmusikanten in der Drostenstraße in Jever, gemalt 1928:
Arthur Eden widmete sich immer wieder der Darstellung der Drostenstraße in seinen Arbeiten. Ein besonders bemerkenswertes Ölgemälde aus dem Jahr 1927 fängt eine lebendige Szene in dieser Straße ein. Im Mittelpunkt des Gemäldes stehen zwei Straßenmusikanten, die mit ihren Blasinstrumenten und einem Leierkasten auf der Straße musizieren. Ein kleines Mädchen, das neugierig auf einem Tretroller näherkommt, bleibt stehen und hört aufmerksam zu. Ein weiterer Mann beobachtet die Szene aus der Distanz, seine Hände in den Hosentaschen vergraben.
Die Szene wird an der Ecke der Drostenstraße dargestellt, an der sie in einem scharfen Winkel abbiegt und in die St.-Annen-Straße mündet. Diese verläuft parallel zum Bildhorizont, etwa auf Höhe des zentral dargestellten grünen Hauses. Der Blick entlang der Drostenstraße lässt den Betrachter drei noch erhaltene Häuser auf der rechten Seite erkennen, während das Gebäude mit dem weißen Putz im Vordergrund bereits 1963 abgebrochen wurde.
Das Gemälde wirkt durch die Darstellung alltäglicher Szenen und die Interaktion zwischen den Figuren lebendig und vermittelt eine fast erzählerische Geschichte. Diese lebendige Erzählweise hebt das Werk besonders hervor, da es zu den wenigen Gemälden gehört, in denen Eden eine so dynamische Szene erschafft. Die Kombination von Alltagsbeobachtung und künstlerischer Gestaltung verleiht dem Bild eine besondere Atmosphäre, die den Betrachter an eine vergangene Zeit erinnert und die Vergänglichkeit des Augenblicks einfängt.
Neben dem fertigen Ölgemälde existiert auch eine unvollendete Ölskizze von 1928 WV-Nr. 59, die die gleiche Szene darstellt, jedoch mit weniger Detailarbeit im Hintergrund.
9. Der Hafen Westeraccumersiel, gemalt 1963:
Der kleine Fischereihafen Westeraccumersiel, dessen Ursprünge bis ins 17. Jahrhundert zurückreichen, verlor 1965 endgültig seine Funktion als Hafenstandort. Bereits im Jahr zuvor verließen die letzten Kutter den Ort, der unmittelbar an Dornumersiel angrenzt. Kurz darauf wurde das Siel abgetragen – eine Folge der Orkanflut von 1962, nach der die Hauptdeichlinie aus Sicherheitsgründen weiter seewärts verlegt wurde.
Heute erinnert kaum noch etwas an die einstige maritime Nutzung des Geländes. Anstelle des Hafens erstreckt sich nun eine weitläufige Fläche, die als Parkplatz oder Veranstaltungsort dient. Von der früheren Idylle mit Hafenbecken, Booten und Sielanlagen ist nichts geblieben – und doch lassen sich auf aktuellen Luftbildern die Konturen des ehemaligen Hafens noch erkennen: Die Lage des Beckens und des alten Siels wurde durch unterschiedlich gestaltetes Pflaster bewusst nachgezeichnet.
Arthur Eden widmete sich in mehreren Werken dem historischen Westeraccumersiel. Besonders häufig griff er das 1812 erbaute Sieltor als Motiv auf – ein heute unter einer Straßenkreuzung verborgenes Zeugnis vergangener Wasserbaukunst. Insgesamt schuf Eden fünf verschiedene Darstellungen dieser Szenerien, sowohl in Öl als auch in Kohle. In der Gegenüberstellung Nr. 12 der Serie lässt sich nachvollziehen, wie er die Motive über die Jahre hinweg variierte und neu interpretierte.
Seine Werke fangen nicht nur den physischen Ort ein, sondern auch die Atmosphäre einer Epoche, deren Spuren heute kaum noch sichtbar sind.
10. Mariengymnasium Jever, gemalt um 1950:
Ein weiteres häufiges Motiv in Arthur Edens Arbeiten war das Mariengymnasium in Jever. Das markante Hauptgebäude, das auf seinen Bildern rechts im Vordergrund zu sehen ist, entstand um 1900. Die stetig wachsende Schülerzahl machte damals einen Neubau notwendig, der sich durch seine klare, repräsentative Architektur in das Stadtbild einfügt.
Im Hintergrund, querstehend und weiß verputzt, ist das sogenannte Seetzenhaus zu erkennen – ein Gebäude mit bewegter Geschichte. Ursprünglich bestand es aus vier separaten Kasernen, die in den Jahren 1766 bis 1770 unter Fürst Friedrich August von Anhalt-Zerbst errichtet wurden. Zwischen 1816 und 1818 wurden diese zu einem geschlossenen Baukörper zusammengeführt. Schon ab 1865 diente das Gebäude schulischen Zwecken und war bis 1961 als Stadtmädchenschule in Betrieb.
Nach einer kurzen industriellen Nutzung durch die Olympia AG Wilhelmshaven übernahm der Landkreis Friesland das Haus im Jahr 1977. Zwei Jahre später wurde es dem Mariengymnasium zugewiesen und gehört seither zum festen Bestandteil des Schulgeländes.
Bei der grundlegenden Sanierung zwischen 2011 und 2013 legte man besonderen Wert darauf, die historische Struktur sichtbar zu machen: Schmale, graue Bänder im Mauerwerk kennzeichnen heute die Übergänge zwischen den vier ursprünglich eigenständigen Kasernenbauten. So wird die Vergangenheit des Gebäudes auch im modernen Schulalltag noch ablesbar – ein stiller architektonischer Verweis auf die lange Geschichte dieses Ortes.
11. Die alte Schleuse Varel, gemalt 1968:
Auch am Vareler Hafen fand Arthur Eden immer wieder Motive für seine Gemälde. Besonders häufig widmete er sich der alten Schleuse, die am 1. Oktober 1846 in Betrieb genommen worden war. Auf seinen Bildern kehren Fischkutter durch die geöffneten Schleusentore in den Heimathafen zurück – bedient wurden diese Tore einst bei jedem Wetter vom Schleusenwärter Carl Schütte. Heute jedoch erinnert kaum noch etwas an diese Szene. Wer die 1977 eingeweihte, moderne Schleuse für den Standort von Edens Motiv hält, irrt: Zwischen dem historischen Bauwerk und der neuen Anlage liegen rund 50 Meter.
In der Mitte der 1970er Jahre wurde das Gebiet im Zuge einer umfassenden Deichverlegung sowie der Neugestaltung des Hafenausgangs grundlegend verändert. Dabei fiel nicht nur die 131 Jahre alte Schleuse dem Umbau zum Opfer, sondern auch das benachbarte Haus der Familie Schütte, das lange zur Hafenlandschaft gehörte.
Nach Fertigstellung der neuen Hafeneinfahrt wurde die alte Fahrrinne vor dem Deich vollständig verfüllt. Und doch hat sich ein letzter Hinweis auf den ursprünglichen Verlauf erhalten: Selbst Jahrzehnte später lässt sich auf Luftbildern die Lage der früheren Fahrrinne noch erkennen – der abweichende Bodenbewuchs und die unterschiedliche Struktur des Erdreichs verraten die verborgene Geschichte unter der heutigen Oberfläche.
Wie so oft gelingt es Eden, mit seinem Werk einen Zustand festzuhalten, der inzwischen verschwunden ist. Seine Bilder bewahren nicht nur Landschaften, sondern auch Lebenswelten – und leisten so einen stillen Beitrag zur Erinnerungskultur an der friesischen Küste.
12. Das Sieltor in Westeraccumersiel, gemalt 1964:
Bereits unter Punkt 9 dieser Serie wurde der ostfriesische Sielort Westeraccumersiel näher betrachtet – ein Ort, der 1965 durch den Rückbau des Hafens und die Neugestaltung der Deichlinie tiefgreifend verändert wurde. Arthur Eden malte hier an der Hauptstraße des Ortes, der Störtebekerstraße, und hielt in einem seiner Werke den Blick auf das alte Sieltor fest. Dieses befindet sich heute teilweise unter der modernen Straßenkreuzung und ist nur noch archäologisch greifbar.
Am linken Bildrand erkennt man ein Gebäude, das zur Zeit der Entstehung des Gemäldes noch stand, später jedoch abgerissen wurde. Dahinter hebt sich das historische Kapitänshaus aus dem Jahr 1696 hervor – ein Bauwerk, das erhalten geblieben ist. Es beherbergt heute das „Zwei-Siele-Museum“, das sich der Geschichte des Ortes sowie seiner Verbindung zur Küsten- und Seefahrt widmet. Eine Vielzahl historischer Fotografien zeigt Westeraccumersiel zu Zeiten Edens und gibt Einblicke in das damalige Leben.
Vor dem Museum findet sich ein besonderes Detail: Drei Treppenstufen des alten Siels, die bei Renovierungsarbeiten entdeckt wurden, sind dort öffentlich ausgestellt. Sie bilden eine stille, materielle Verbindung zu jenem Bauwerk, das Eden in seinen Werken so oft darstellte – und das im heutigen Ortsbild kaum mehr sichtbar ist.
13. Fedderwarden, Kleine Reihe, gemalt 1972:
Ein weiteres Werk Arthur Edens zeigt die Straße „Kleine Reihe“ im Ort Fedderwarden – eine Szene, die zu Lebzeiten des Künstlers keinen Käufer fand. Dennoch bewahrt das Gemälde bis heute einen besonderen dokumentarischen Wert. Der dargestellte Winkel – es handelt sich um die erste Straße auf der linken Seite, wenn man aus Richtung Sillenstede kommt – ist auch rund 50 Jahre später noch klar wiederzuerkennen.
Natürlich hat sich das Straßenbild im Laufe der Jahrzehnte gewandelt. Auf aktuellen Fotografien sind ein Carport, neue Dachfenster an den hinteren Gebäuden sowie ein moderner Zaun zu sehen, der die ursprüngliche Hecke ersetzt hat. Dennoch bleibt die Grundstruktur erhalten – vor allem das mittig platzierte Haus, das mit seinem roten Dach, den roten Klinkern und dem grün gestrichenen Holzgiebel ein typisch friesisches und dörfliches Erscheinungsbild bietet.
Besonders auffällig ist der Wandel im oberen Giebel: Die ehemals grüne Luke, die Eden noch festhielt, ist heute verschwunden. Das Dachgeschoss wurde offenbar zu Wohnraum ausgebaut – ein Hinweis auf die kontinuierliche Anpassung historischer Bausubstanz an moderne Bedürfnisse. Links im Bild ist ein großer Baum zu sehen, der, soweit erkennbar, auch heute noch an derselben Stelle steht – ein lebendiges Zeugnis der Zeit.
Auch wenn dieses Gemälde weniger bekannt ist als andere Werke Edens, offenbart es bei genauer Betrachtung seine Qualität: Es verbindet Alltagsbeobachtung mit einem Gespür für den Charakter des Ortes und hält damit ein Stück lokaler Identität in malerischer Form fest.
14. Am Ellenserdammer Tief, gemalt um 1958:
Ein Motiv, das Arthur Eden über Jahre hinweg nicht losließ, war eine unscheinbare, doch eindrucksvolle Baumgruppe an der alten Bundesstraße 69 zwischen Sande und Varel – auf Höhe des Ellenserdammer Tiefs. Der Blick richtet sich südostwärts, in Richtung Petershörn, wo die Landschaft in sanften Wellen ausläuft und der Himmel sich weit über die Felder spannt. Eden fand hier etwas, das ihn offenbar tief berührte: eine stille Komposition aus Natur, Licht und Vergänglichkeit, die ihn zu einer kleinen Werkreihe inspirierte.
Heute sind sechs Gemälde dieser Baumgruppe bekannt, entstanden zwischen 1958 und 1961 – Jahre, in denen Eden offenbar eine besondere Nähe zu diesem Ort empfand. Anders als bei vielen seiner Arbeiten, die meist im Format 50 x 70 Zentimeter gehalten waren, griff er hier zu größeren Leinwänden – 60 x 80 oder gar 70 x 90 Zentimeter. Diese bewusste Wahl der Größe verleiht den Bildern eine monumentale Wirkung, obwohl das Motiv selbst so schlicht erscheint. Betrachtet man die Gemälde nebeneinander, entsteht ein fast meditativer Rhythmus, ein Wechselspiel aus Perspektive, Lichtstimmung und Farbe. Es drängt sich ein Vergleich auf mit Vincent van Goghs berühmten Sonnenblumen-Serien, die dieser 1888 für das Zimmer seines Freundes Paul Gauguin malte – ebenfalls Variationen eines Themas, getragen von innerer Dringlichkeit und emotionaler Tiefe.
Eden malte die Baumgruppe ausschließlich im Sommer. Das warme, klare Licht dieser Jahreszeit durchdringt die Blätter, lässt die Kronen leuchten und hebt zugleich ein stilles Detail hervor: Zwischen den lebendigen, belaubten Bäumen stehen tote Stämme – kahl, vom Leben verlassen. Diese Kontraste sind in allen Fassungen des Motivs zu finden, nie überzeichnet, aber stets deutlich. Man mag hierin mehr sehen als bloße Naturbeobachtung. Vielleicht war es Eden ein Anliegen, die Koexistenz von Leben und Vergehen, von Blüte und Tod zu thematisieren – nicht mit Pathos, sondern mit stiller Genauigkeit. Die Bäume am Ellenserdamm werden so zu Sinnbildern für Zeit, Wandel und das Verharren im Moment.
15. Die Werft Iken in Rüstersiel, gemalt um 1960:
In den 1960er Jahren wandte sich Arthur Eden erneut einem lokalen Motiv zu: dem alten Rüstersieler Hafen mit der traditionsreichen Werft Iken, die bis heute (Stand 2024) besteht. In seinem Gemälde hält er den Blick von der Nordseite des Hafenufers fest, genau hinter dem Ende der Spundwand. Von dort aus eröffnet sich dem Betrachter ein Blick auf die gegenüberliegende Hafenseite.
Die Szene zeigt einen Moment des Wandels: Zwischenzeitlich errichtete der Rüstersieler Segler-Club auf dem angrenzenden Grundstück seine Vereinshalle, gut sichtbar im Hintergrund. Deutlich zu erkennen ist auch die Slipanlage der Werft, mit deren Hilfe Boote zu Wasser gelassen oder an Land gezogen wurden. Diese technischen Details verleihen dem Bild eine dokumentarische Qualität und verankern es fest in der regionalen Geschichte.
Große Umbrüche erlebte das Hafenviertel Anfang der 1970er Jahre. Mit dem Fortschreiten der Planungen zur Verbesserung der Entwässerungsbedingungen wurde das alte Sielbauwerk zum Problem. Das historische Sieltor, das Deichschart, das Pumpenhaus sowie der Neuengrodendeich wurden in dieser Zeit abgetragen – Eingriffe, die das Erscheinungsbild des Ortes dauerhaft veränderten. Der freie Blick über die angrenzenden Felder, wie ihn Eden in seinem Werk noch festhielt, ist längst verschwunden.
16. Die Kirche in Sillenstede, gemalt 1964:
1964 malte Arthur Eden die Sillensteder Kirche mit ihrem markanten Glockenturm aus südlicher Perspektive. Damals prägte die St.-Florian-Kirche das Ortsbild in ihrer ursprünglichen Form – mit der hohen Friedhofsmauer und dem angrenzenden Haus Conring, das heute nicht mehr existiert. Auch der damals direkt an der Mauer vorbeiführende Georg-Albers-Weg wurde später verlegt und verläuft heute weiter entfernt. Nach der Friedhofserweiterung wurde die südliche Mauer für einen neuen Zugang durchbrochen und der Höhenunterschied mit Erde ausgeglichen. So zeigt Edens Gemälde die Mauer noch in ihrer ursprünglichen, durchgehenden Höhe. Die Thuja-Hecke, die den Friedhof umgibt, ist ebenfalls erhalten geblieben, doch die inzwischen dichte Bepflanzung schränkt heute den Blick auf Kirche und Glockenturm deutlich ein.
Die St.-Florian-Kirche blickt auf eine lange Geschichte zurück: Bereits im 8. Jahrhundert wurden auf den Kirchwarften hölzerne Kirchen errichtet. Nach der Zerstörung im Zuge der Oestringer Fehde im Jahr 1138 entstand 1233 die heutige Granitquaderkirche, die mit ihren starken Mauern Schutz vor Sturmfluten bot. Das robuste Bauwerk wurde aus rechteckig behauenen Granitfindlingen errichtet, die in einer Schalenbauweise gesetzt und mit Muschelkalk ausgefüllt wurden. Mit einer Länge von 44 Metern und einer Höhe von 11 Metern ist sie die größte Granitquaderkirche im Jeverland und beeindruckt auch heute noch mit ihrem mächtigen Triumphbogen und wertvollen Kunstwerken im Inneren.
17. Schloss Jever mit Schlossgartenpütte, gemalt 1937:
Das im Jahr 2025 wiederentdeckte Werk zeigt das Schloss aus einer außergewöhnlichen Perspektive. Am 29. Oktober 1937 berichtete Heinrich Wille in einer Sonderbeilage des Jeverschen Wochenblatts unter dem Titel „Besuch bei Arthur Eden“ von mehreren Gemälden, die er in Edens Atelier gesehen hatte oder die bereits im Besitz der Stadtverwaltung von Jever oder des Amts Friesland waren. Dabei erwähnte er auch ein Bild des Schlosses, das im April desselben Jahres dem Amtshauptmann Hermann Ott übergeben wurde: „Im Besitze des Herrn Amtshauptmanns befindet sich ferner die einzigartige Darstellung des jeverschen Schlosses, von der alten Schlossgartenpütte aus gesehen.“ Diese Formulierung lässt darauf schließen, dass Eden und Wille sich über das Werk austauschten, wodurch der historische Kontext des Gemäldes ins Bewusstsein rückte.
Es ist anzunehmen, dass Eden im Auftrag des Amtsverbandes Friesland mit der Anfertigung dieses Gemäldes betraut wurde, da das Werk dem Amtshauptmann Ott zum Abschied überreicht wurde. Ein schmuckes Dokument auf der Rückseite des Gemäldes, das von allen Mitarbeitern unterschrieben und auf den 10. April 1937 datiert ist, belegt diese Widmung. Ott kehrte bereits drei Monate nach seiner Verabschiedung nach Jever zurück und blieb bis 1945 in seiner Position als Amtshauptmann, bevor er durch die britische Besatzungsmacht entlassen wurde.
Für das Gemälde positionierte sich Eden auf der linken Seite des Schlossparks, der an den Schlosshof grenzt, und entschied sich für das Hochformat. Im rechten Vordergrund ist das linke Torhaus der Schlossanlage zu sehen, und dahinter erhebt sich, zur Hälfte von Bäumen verdeckt, das Schloss mit seinem markanten Turm. Ein angedeuteter Baum am linken Rand des Bildes rahmt die Szene ein, dessen karge Äste auf den späten Winter hindeuten, während der Hauch des bevorstehenden Frühlings bereits spürbar wird. Besonders detailreich ist der Schlossturm mit der 1734 fertiggestellten Wetterfahne dargestellt – ein Detail, das 1937 bei der Übergabe des Gemäldes noch frisch in Erinnerung war, da die Wetterfahne drei Jahre zuvor abgenommen und restauriert worden war.
Ein besonderer Fokus liegt auf der Darstellung der alten Schlossgartenpütte. Diese Pütte befand sich an der Stelle eines von zwei Brunnen auf dem Schlossgelände. Während der erste Brunnen im Innenhof stand, versorgte der zweite Brunnen noch bis ins 18. Jahrhundert die Bewohner des Schlosses mit Wasser. Der Brunnen selbst stammt wahrscheinlich aus dem 15. oder 16. Jahrhundert. Ein Brunnenring aus dem Jahr 1790 wurde nach der Abtragung der Unterburg und der Umgestaltung des Schlossparks entfernt. Bis heute bleibt jedoch unklar, wann genau die im Gemälde abgebildete Pütte aufgestellt und wann sie wieder abgebaut wurde.
18. Wohnhaus der Familie Sies in Accum, gemalt 1950er Jahre:
In den 1950er-Jahren malte Arthur Eden das Gartengrundstück samt Wohnhaus der Familie Sies in der Wilhelmshavener Straße in Accum. Es ist anzunehmen, dass die Eigentümer des Hauses ihn mit diesem Werk beauftragten, da das Ehepaar Sies immer wieder betonte, den schönsten Garten zu besitzen. Das Wohnhaus gehörte ursprünglich zur Accumer Brauerei und diente als Küferei, in der Fässer hergestellt wurden.
Das Ölgemälde, auf Leinwand gemalt, zeigt einen sommerlichen Tag. Der sorgfältig gestaltete Garten steht in voller Blüte, und das Sonnenlicht lässt die Rasenfläche erstrahlen. Das Wohnhaus ist von üppiger Vegetation umgeben, die es einrahmt, aber nicht verdeckt. Typische Gestaltungselemente der Zeit sind die bepflanzte Schubkarre sowie die im Vordergrund sichtbaren, gemauerten und verputzten Pfosten, die als Gartenbegrenzung dienen und mit einem Metallrohr verbunden sind. Das Gemälde vermittelt eine freundliche, einladende Atmosphäre. Die Farbgestaltung mit sattem Grün, bunten Blüten und warmem Sonnenlicht verstärkt den Eindruck von Leben und Fürsorge. Der Garten war ein stolzes Aushängeschild seiner Besitzer.
Im Gegensatz zur offenen, gepflegten Gestaltung des Gartens in den 1950er-Jahren wird die heutige Ansicht durch eine dichte, wild wuchernde Hecke geprägt. Wo einst die niedrige Gartenbegrenzung stand, versperren nun hohe, unkontrolliert gewachsene Sträucher den Blick auf das verlassene Haus. Diese natürliche Barriere verstärkt den Eindruck der Verwahrlosung und macht das Grundstück nahezu unzugänglich.
Das Wohnhaus ist hinter dem Dickicht nur noch schemenhaft zu erkennen, was den Kontrast zum Gemälde noch deutlicher macht: Während das Bild von Arthur Eden eine offene, einladende Atmosphäre mit lebendigen Farben und sorgfältig gepflegten Pflanzen vermittelt, erscheint das Grundstück heute verlassen und von der Natur zurückerobert. Die einstige Ordnung und Struktur des Gartens sind vollständig verloren gegangen.
19. Die Stumpenser Mühle bei Horumersiel, gemalt 1974:
Arthur Edens Gemälde von 1974 ist mehr als ein Abbild der Stumpenser Mühle – es ist eine atmosphärische Hommage an ein Bauwerk im Schwebezustand. Mit lockerem Pinselstrich und pastosem Farbauftrag fängt Eden die Eigenheit des Moments ein: Die Mühle wirkt wie aus der Zeit gehoben, umgeben von sattem Sommergrün, während über ihr ein weit gespannter Himmel mit flauschigen Wolken liegt. Die Farben sind natürlich, das Licht weich – kein dramatisches Schauspiel, sondern stille Beobachtung. Der Blick wandert über dichtes Schilf und das dunkle Horumer Tief hin zur Mühle, deren Form sich klar gegen den Himmel abzeichnet.
Die Komposition ist ausgewogen: die Horizontlinie mittig gesetzt, Bäume rahmen das Motiv, das steinerne Brückengeländer im Vordergrund – längst durch Metall ersetzt – bildet einen ruhigen Ankerpunkt. Das Bild entstand, nachdem im Herbst zuvor die allernötigsten Instandsetzungsarbeiten durchgeführt worden waren – ein Moment der Hoffnung, noch fern jeder Wiederbelebung.
Die Mühle selbst blickt auf eine bewegte Geschichte zurück: 1816 durch H. G. Onnen erbaut, blieb sie rund 150 Jahre in Familienbesitz. 1962 wurde sie an den Müller Dodo Adden verkauft, der bis 1973 Landhandel betrieb. Danach folgte eine erste notdürftige Sicherung. Edens Gemälde hält diesen Übergang fest – ein letzter Blick auf die historische Substanz, bevor wenig später die umfassende Sanierung begann: ein neues Reetdach, sanierte Klinkerwände, Butzenfenster. Und schließlich, ab Mitte der 1970er Jahre, ein Nebengebäude mit gastronomischem Betrieb, das heute die freie Sicht auf den Mühlenrumpf teilweise verdeckt.
Heute zeigt sich die Mühle gezeichnet: Schäden am Dach, eine defekte Windrose, jahrelanger Leerstand, zum Teil von Dornenhecken überwuchert. Doch unter Denkmalschutz stehend bleibt sie ein Ort voller Geschichte – und voller Potenzial. Seit 2017 ist eine touristische Erschließung geplant. Bis dahin ruht sie – wie in Edens Bild – still, aber nicht vergessen.
20. Wangerstraße in Jever mit Blick auf den Glockenturm, gemalt 1944:
Ein besonders bemerkenswertes Aquarell zeigt den Blick auf den Kirchplatz mit dem charakteristischen Glockenturm und dem Choranbau der Stadtkirche. Die Perspektive von der Einmündung der Apothekerstraße zur Wangerstraße eröffnet eine klare Sicht auf den Glockenturm. Das weiche, südöstliche Morgenlicht taucht die Szene in eine warme Atmosphäre. Während die letzten Häuser der Wangerstraße noch im Schatten liegen, wird die Bildmitte hell erleuchtet – ein spannungsvoller Kontrast.
Rechts im Bild ist das Kurzwarengeschäft von Theodor Harms zu sehen, dessen Hausgiebel die ersten Sonnenstrahlen einfängt. Gegenüber steht das Gebäude Wangerstraße Nummer 2, das 1872 für den Kaufmann Louis Frank errichtet wurde. 1898 übernahm es der Malermeister Wilhelm-Christian Popken und integrierte es in sein benachbartes Haupthaus am Kirchplatz. Interessanterweise zeigt Eden in seinem Aquarell nur zwei statt der tatsächlich vorhandenen drei Etagen dieses Hauses. Ob dies eine bewusste künstlerische Entscheidung war, bleibt offen. Möglicherweise wollte er den Blick in den Himmel weiten oder der Komposition mehr Ruhe und Offenheit verleihen.
Im Hause Popken begann Arthur Eden 1913 seine Lehre im Malerhandwerk, die er 1917 abschloss. Auch später bezog er aus dem Farbenhaus seine Ölfarben – eine lebenslange Verbindung. Schon während seiner Lehrjahre malte er mit unermüdlicher Hingabe in jeder freien Minute. Der Malkasten, den er sich im Alter von 14 Jahren für 67 Goldmark in Oldenburg erwarb, wurde zu einem treuen Begleiter – auf zahlreichen Fotografien ist er an Edens Seite zu sehen, ein stiller Zeuge seiner künstlerischen Reise.
21. Die St.-Jakobi-Kirche in Neuende, gemalt 1950er Jahre:
Die Neuender St.-Jakobi-Kirche entstand in mehreren Bauphasen und ist ein markantes Zeugnis der regionalen Baugeschichte. Der älteste Teil, der Chor, wurde bereits im 13. Jahrhundert aus robusten Granitquadern und Findlingen der ostfriesischen Geest errichtet. Der aus Backstein gefertigte Kirchturm stammt aus dem frühen 16. Jahrhundert und wurde nach der verheerenden Anthoniflut von 1511 als weithin sichtbares Wahrzeichen an das Kirchenschiff angebaut. Die Kirche steht auf einer etwa drei Meter hohen Wurt und prägt seit Jahrhunderten das Bild der Marschlandschaft.
Arthur Eden hielt Mitte des 20. Jahrhunderts den Blick auf die Kirche in einem Ölgemälde fest. Im Vordergrund ist noch das damalige Gasthausgebäude zu erkennen. Mit seinem lockeren Pinselstrich und der sanften Farbgebung verleiht Eden dem Bild eine lebendige Atmosphäre, die den Ort als einen lebendigen Mittelpunkt des Gemeindelebens erscheinen lässt.
Das heutige Foto zeigt die Kirche in einem moderneren Umfeld mit offen gestalteten Platzflächen. Dennoch präsentiert sich der Kirchturm nahezu unverändert – ein eindrucksvolles Symbol für Beständigkeit und die lange Geschichte dieses sakralen Bauwerks.
22. Die alte Schmiede in Waddewarden, gemalt 1960er Jahre:
Das Gemälde zeigt das Zentrum des Dorfes Waddewarden – den Kreuzungspunkt der Straßen, die nach Sillenstede, Jever und Hooksiel führen. An diesem wichtigen Treffpunkt, dem damaligen Herz des dörflichen Lebens, stand einst die Schmiede von Schmied Drieling. Wo früher das rhythmische Hämmern des Schmiedehammers den Alltag prägte, befindet sich heute ein unscheinbarer Parkplatz – ein stiller Zeuge vergangener Zeiten, in denen Feuer loderten und Eisen geformt wurde.
Auf der rechten Bildseite ist ein Haus zu sehen, das bis heute erhalten geblieben ist. Früher beherbergte es einen Schuster, ein weiteres Handwerksunternehmen, das das tägliche Leben der Dorfgemeinschaft bereicherte. Das Gemälde bewahrt somit nicht nur den geografischen Mittelpunkt des Dorfes, sondern auch seine soziale Struktur – ein lebendiges Zeugnis eines Lebens, das eng mit Arbeit und gemeinschaftlichem Miteinander verbunden war.
23. Die Straße Rösterföhr in Jever, gemalt 1948:
Die Rösterföhr gehört zu den ältesten Straßen in Jever und zweigt direkt vom Kirchplatz ab, der bis 1803 als Begräbnisstätte diente und von einer Mauer umschlossen war. Ihr Name verweist auf einen „Rost“ – eine Art Gitter oder Barriere –, der einst zwischen der Rösterföhr und dem Eingang zum Friedhof stand. Vermutlich sollte dieser Rost verhindern, dass nachts Tiere, vor allem Schweine, auf den Friedhof gelangten und dort Gräber beschädigten oder ausgruben.
Arthur Edens kleines Ölgemälde „Rösterföhr 1948“ entstand wahrscheinlich in seiner späteren Schaffensphase. Obwohl der Titel das Jahr 1948 nennt, sprechen Pinselstrich, Farbauftrag und Signatur eher für ein Entstehungsdatum um 1960 oder später. Das Werk zeigt einen stimmungsvollen Ausschnitt der engen Straße, die den Kirchplatz mit der Waagestraße verbindet. Schiefe, alte Häuser mit markanten Dachgauben prägen die Szenerie und verleihen dem Bild einen fast märchenhaften Charme.
Das Hochformat betont die Enge der Gasse, in der die Häuser seitlich fast zusammenrücken und den Blick tief in die Straße ziehen. Mit feinen Details wie den gepflasterten Findlingssteinen, Zinkwannen am Rand und einem wolkendurchzogenen Himmel erzeugt Eden eine nostalgische, beinahe poetische Atmosphäre. Im Hintergrund sind die Silhouetten der Stadtkirche und der Fleischhalle erkennbar, die den Ortskern einrahmen. Die einstige Stadtkirche wurde 1959 durch einen Brand zerstört, und die Fleischhalle wich 1966 einem Neubau. Trotz dieser Veränderungen ist die Straßenszene von damals heute noch gut nachvollziehbar, da sich die baulichen Strukturen im Wesentlichen erhalten haben. Einzig die Wohnhäuser im vorderen linken und rechten Bildbereich sind inzwischen verschwunden.
24. Die Steinstraße in Jever, gemalt 1965:
Ein Gemälde der Steinstraße aus dem Jahr 1965 zeigt den Blick in östlicher Richtung. Ein Anwohner erwarb das Werk direkt von Edens Staffelei, als es noch unvollendet war – ein bei Eden nicht untypisches Vorgehen, da er häufig direkt vor Ort verkaufte, oft auch an Urlauber.
Das Bild fängt einen Sommertag ein, an dem die Vormittagssonne die linke Häuserzeile in warmes Licht taucht. Das erzeugt eine ruhige, fast idyllische Atmosphäre. Im Vordergrund zweigt der Hopfenzaun ab, der einen Blick in die verwinkelte Altstadt freigibt.
Den Abschluss der Häuser in der Tiefe der Straße bildet das Haus Krei, erkennbar an seinem Krüppelwalmdach. Alle übrigen Häuser wurden im Rahmen der Altstadtsanierung zwischen 1971 und 1982 abgerissen, was dem Gemälde – wie auch der Fotografie – dokumentarischen Wert verleiht.
25. Das Schloss Neuenburg, gemalt um 1960:
Um 1960 malte Arthur Eden das Schloss Neuenburg – eine Anlage mit bewegter Geschichte, deren Ursprünge bis ins 15. Jahrhundert zurückreichen. Die erste Burg ließ Graf Gerhard von Oldenburg im Jahr 1462 errichten. Zwischen 1578 und 1583 wurde sie unter Graf Johan zu einer vierflügeligen Schlossanlage im Stil der Renaissance umgebaut. Auch Graf Anton-Günther, der in Jever zahlreiche Spuren hinterließ, nutzte das Schloss zeitweise als Sommersitz. Im Jahr 1714 erfolgte eine erneute bauliche Umgestaltung zur bis heute erhaltenen dreiflügeligen Anlage.
Im Laufe der Zeit diente das Schloss unterschiedlichen Zwecken: Zunächst war es Sitz eines Landgerichts, ab 1862 wurde es zur Ackerbauschule umgewandelt. In den Jahren 1906 bis 1921 beherbergte es ein Lehrerinnenseminar sowie eine Landfrauenschule. Seit 1965 wurde das Gebäude als Dorfgemeinschaftshaus genutzt.
Heute beherbergt das Schloss unter anderem einen Kindergarten, wird für Trauungen, Tagungen, Konzerte und Seminare genutzt und dient dem Gemeinderat als Sitzungsort. Die Schlosskapelle steht der Kirchengemeinde zur Verfügung, der frühere Trausaal wird ebenfalls vielseitig verwendet.
Eden wählte für sein Gemälde einen Standpunkt, von dem aus das Schloss eindrucksvoll zur Geltung kommt. Im Vergleich zur heutigen Ansicht war die Sicht damals durch mehrere Bäume eingeschränkt, die inzwischen entfernt wurden. Auch der alte Zaun mit Tor, der früher den Zugang markierte, ist heute nicht mehr vorhanden. Durch diese Veränderungen präsentiert sich das Schloss heute offener und klarer. Eden hielt mit feinem Gespür für Atmosphäre und Detail die historische Wirkung des Bauwerks fest und schuf ein Bild, das weit über den Moment hinaus dokumentarischen Charakter besitzt.
26. Die Seriemer Mühle, gemalt 1964:
1964 malte Arthur Eden die Seriemer Mühle – eine historische Galerieholländer-Windmühle südlich von Neuharlingersiel. Errichtet wurde sie im Jahr 1804 und diente über viele Jahrzehnte hinweg der Öl- und Getreidemahlung. In ihrer langen Geschichte erlebte die Mühle mehrere technische Umrüstungen: Neben der ursprünglichen Windkraft kamen später Diesel- und Elektromotoren zum Einsatz. 1975 endete der gewerbliche Betrieb, doch die eindrucksvolle Mühlenarchitektur blieb erhalten.
Zwischen 2003 und 2008 wurde das Bauwerk umfassend restauriert. Heute zählt die Mühle zu den bedeutenden technischen Denkmälern der Region und ist beliebtes Ausflugsziel. Im alten Müllerhaus befindet sich eine Teestube, und regelmäßig finden Führungen, Veranstaltungen und ein Scheunenflohmarkt statt.
Eden wählte für sein Gemälde einen Blickwinkel von der vorbeiführenden Landstraße, der die Mühle mit ihrer hölzernen Galerie und den umliegenden Gebäuden atmosphärisch zur Geltung bringt. Im Vordergrund erkennt man noch deutlich den Nutzgarten mit Gemüsebeeten, der heute verschwunden ist; zudem säumten damals weißgestrichene Findlingssteine den Weg zur Mühle und zum Müllerhaus – heute sieht man nur noch vor dem Müllerhaus einige davon, wo 1968 noch keine lagen. Möglicherweise wurden diese später bewusst als gestalterische Reminiszenz an die einst durchgehende Steinreihe gesetzt und erinnern so an das historische Erscheinungsbild des Weges.
Die Mühle selbst präsentiert sich hingegen nahezu unverändert – ein Zeichen für die behutsame Pflege und die Wertschätzung dieses Kulturguts. Edens Bild hält damit nicht nur ein Bauwerk fest, sondern auch ein Stück Alltagsgeschichte, das sich im Wandel der Jahrzehnte verändert hat.
Fortsetzung folgt ..
Autor: Andreas Grundei