Die „Hofschänke“ beim Schloss

Anmerkungen zum Gemälde WV-Nr. 610:

Jever, Schütting, 1970, 80,7×60,4 cm, Besitz Landkreis Friesland (WV-Nr. 610)

Mitten am Alten Markt im friesischen Jever stand über Jahrhunderte ein altes, geschichtsträchtiges Gasthaus mit einem markanten Säulengang, das nach einigen Diskussionen 1974 dem Neubau eines Bankhauses weichen musste. Dieses Gasthaus hieß der „Schütting“.

Als Arthur Eden vom geplanten Abriss hörte, fuhr er 1970 mit seinem Lloyd nach Jever, parkte am Alten Markt und baute dort seine Staffelei auf. Wie gewöhnlich, war er schnell von Passanten umringt, die ihn beim Malen des historischen Gebäudes beobachten. Die Zeitung kam ebenfalls dazu.

„Ich muss doch den „Schütting“ für die Nachwelt erhalten“, so Arthur Eden beim Malen zu einem Reporter der Wilhelmshavener Zeitung.

In wenigen Stunden hatte er das das 300 Jahre alte Gasthaus auf die Leinwand gebannt, und für die Nachwelt festgehalten. 1974 war es dann soweit; die Bagger rollten an, und das Gebäude mit dem charakteristischen Säuleneingang, auch „Kolonnaden“ genannt, wurde dem Erdboden gleichgemacht. Arthur Eden, der Malerchronist, sollte es noch erleben.

Zuvor wollte man die Fassade des alten Gebäudes erhalten, um das Bild des „Alten Marktes“ nicht zu verändern. Es folgte jedoch eine der „größten Bausünden Jevers“, so Alt-Bürgermeister Paul Müller, nachdem der „Schütting“ und der angrenzende Gasthof „Weißer Schwan“ 1974/75 abgerissen wurden.
Im Juli 1975 begann auf den Grundstücken der Bau der neuen Landessparkasse, der 1977 fertiggestellt wurde (siehe Abbildung unten links). Dieses Gebäude wurde bereits 2011 wieder abgebrochen und wich dem heutigen Bankgebäude, welches 2012 bezogen wurde.

Anfangs befanden sich in dem 18. Jahrhundert errichteten „Schütting“ die Wohnung des Landrichters und die Gerichtsstube. Vor dem Gebäude stand nach Diedrich Hohnholz (1886) bis 1793 der Pranger, auch Kaak genannt, von dem die angrenzende Kaakstraße ihren Namen hat. Später diente das Haus Kaufleuten als Treffpunkt und Versammlungsort.

Der besonders privilegierte Schütting hatte nach dem Chronisten Martin Bernhard Martens (1786) die sogenannte „doppelte Kruggerechtigkeit“, die noch drei weitere Gasthäuser in Jever besaßen. Hinter diesem heute nicht mehr relevanten Begriff stand das Recht zur gewerblichen Bewirtung von Gästen in einer Gaststätte. Der Inhaber des Krugrechts wurde auch als Krüger bezeichnet, woher sich der gleichnamige Familienname ableitet. Die gesellschaftliche Stellung der einstigen Inhaber des Schüttings war von daher beachtlich.

Jever, Gebäude der Landessparkasse am Alten Markt von 1977 bis 2011

Arthur Eden verkaufte sein Gemälde vom „Schütting“ zu Lebzeiten nicht und es befand sich nach seinem Tod im Jahr 1977 viele Jahre in seinem Nachlass. 1994 gelangte das Gemälde durch ein Tauschgeschäft seiner Tochter Theda gegen ein anderes Gemälde ihres Vaters in den Besitz des Landkreises Friesland.

Autor: Andreas Grundei